Die Nacht war kurz, waren wir doch erst um Mitternacht mit den letzten Vorbereitungen fertig geworden. Neben der Beladung unseres mobilen Heimes für die nächsten 4 Wochen – bestimmt haben wir wieder viel zu viel eingeladen, was wir dann in vier Wochen womöglich unbenutzt wieder ausladen werden – mussten noch letzte „Behördengänge“ absolviert. So bekam auch das Jobcenter noch Post gegen Mitternacht zugestellt. Diesen „Nebenjob“ für unsere ehemaligen ukrainischen Gäste werden wir wohl noch lange machen müssen. Das machen wir aber gern, nicht für die Ämter, aber für unsere Gäste, denen wir gern auch jetzt noch behilflich sind, auch wenn sie längst ihre eigenen vier Wände in Dresden bewohnen.
Um 4:00 Ihr klingelte also der Wecker. Kurze Zeit später waren wir ontour Richtung Rostock. Dort wollten wir 11:15 die Fähre nach Gedser bekommen. Sicherheitshalber hatten wir ein Flex-Ticket gebucht, so dass wir einem Verpassen der Abfahrtszeit relaxed entgegensehen konnten, beinhaltet dieses Ticket doch die garantierte Überfahrt in den nächsten 14 Tagen. Diesen Service mussten wir aber nicht in Anspruch nehmen. Überpünktlich, knapp eine Stunde vorher waren wir am Check-in-Schalter am Terminal. Es ist lange her, dass wir diese Fähre benutzt haben, so schönes Wetter hatten wir dabei aber noch nie.
Als wir die Mole von Warnemünde passierten, sie war kaum zu erkennen hinter den beiden Kreuzfahrtschiffen, die am Kai standen, erinnere ich mich schwach an meine Kindheit, wie ich mit meinen Eltern den Fährschiffen nach Gedser oder Trelleborg hinterherschaute und dabei ihre Ankunftshäfen für uns unerreichbar waren. Heute ist das zum Glück kaum noch vorstellbar. Die Fährschiffe von heute sind natürlich nicht mehr die von damals. Die Schiffe von und nach Gedser sehen sogar ein bisschen skurril aus mit ihrem haushohen Flettner-Rotoren. Eva bliebt es natürlich nicht erspart, eine Abhandlung über den Magnuseffekt über sich ergehen zu lassen. Sie hat es tapfer hingenommen, aber ich weiß auch, dass ein gewisses Interesse an solchen technischen Lösungen letztendlich auch in ihr wohnt. Und so ganz ohne Erklärung erschließt sich der Sinn einer glatten rotierenden Säule eben auch nicht, obwohl es eigentlich das identische Prinzip ist, welches jeder, der schon einmal geflogen ist, mindestens implizit genutzt hat.
Hop
Mit der Ankunft zwei Stunden später in Gedser, hatten wir den ersten Teil unseres Dreisprungs über die Ostsee planmäßig absolviert. Es bliebe noch zu erwähnen, dass die Sicht über die Ostsee so gut war, dass selbst aus Gedser das Hotel Neptun in Warnemünde noch zu sehen war. In die andere Richtung, von Warnemünde aus sieht man hingegen nichts vom dänischen Inselreich, da es in Gedser keine hohen Gebäude gibt. Vielleicht war das in früherer Zeit auch besser so, wäre doch sonst die Sehnsucht nach damals unerreichbaren Reisezielen noch viel größer gewesen.
Step
Der zweite Sprung über die Ostsee fällt dann gar nicht auf, ist doch die Verbindung zwischen Lolland und Sjælland nur eine nach heutigen Maßstäben kleine Autobahnbrücke zwischen den beiden Inseln. Nach zwei Stunden Fahrt hatten wir dann auch Sjælland durchquert und standen in Helsingør am nächsten Fährterminal um die engste Stelle des Øresunds zu überqueren. Diese Fähren hier sind eher so etwas wie Bussverbindungen. Sie fahren ständig um in 20 Minuten das Meer zu überqueren. Eine Planung der Abfahrtszeit erübrigt sich hier. Wir brauchten auch kein Ticket, da wir dies schon als Kombi-Überfahrt mit der Fähre von Rostock nach Gedser gebucht hatten. Vom Schiff aus besahen wir uns noch die Festung von Helsingør, fragten uns ob etwas „faul im Staate Dänemark“ sei, stellen aber fest, das Hamlet wohl nicht zu Hause war.
Jump
Da waren wir also geradezu in optimaler Zeit in Schweden angekommen und hatten noch ziemlich viel Tag übrig. Obwohl dieser schon zeitig begonnen hatte, waren wir der Meinung noch ein Stückchen weiter zu kommen. Unser nächster „Termin“ stand für Sonntag 10:00 Uhr in der Klosterkirche in Vadstena am Vätternsee fest und so beschlossen wir, ungefähr noch bis zum Südufer des selbigen zu kommen.
Das letzte Mal, dass wir die Strecke zwischen Helsingborg und Stockholm fuhren, damals in umgekehrter Richtung, ist schon eine Weile her: Genauer gesagt 21 Jahre! Damals war es noch keine doppelspurig ausgebaute Autobahn, entsprechend länger dauerte es. Trotzdem, so erinnern wir uns sind wir damals in 2002 die Strecke von Falun – das ist noch ein ganzes Stück nördlicher als Stockholm – nach Hause in einem Stück gefahren. Heute wäre das unvorstellbar, wir sind aber auch 21 Jahre älter. Wir erreichten unser Ziel mit dem sorgfältig eingeteilten Kaffee, welchen ich auf der Fähre mitgenommen hatte und der Auffüllung des schwarzen Heißgetränks an einer Tankstelle unterwegs. Eva hatte einen schönen Stellplatz an einem Bauernhof unweit des Vätternsees gefunden. Der Platz war wirklich schön, mit Strom und allem drum und dran, da kann manch richtiger Campingplatz nicht mithalten.
Knapp 900 Kilometer geschafft und diese haben auch uns geschafft. Das Wetter ist großartig, wir sind hundemüde, aber der Urlaub beginnt jetzt. Den Wecker müssen wir trotzdem für morgen früh stellen, bis Vadstena sind es noch etwa eineinhalb Stunden Fahrt.