[dropcap]F[/dropcap]ür die Leserinnen und Leser mag es etwas seltsam wirken, aber wir wechseln heute wieder einmal die Insel und queren dazu wieder Teneriffa. Die Fährtransfers, unsere Wunschunterkünfte und nicht zuletzt die notwendigen Umplanungen wegen des ausgebrochenen Cumbre Vieja auf La Palma ließen diesen etwas wechselhaften oder alternierenden Reiseplan entstehen.
Unser Ziel wird heute Abend das Ende der Welt sein. Also zumindest war das zu ptolemäischen Zeiten so, legte doch genau dieser Ptolemäus den Nullmeridian dorthin, auf unser nächstes Ziel. Zuerst mussten wir also wieder zurück nach Teneriffa. Die Wartezeit vertrieben wir uns am Strand Punta Garda in Agaete im Nordwesten Gran Canarias. Da waren schon ein paar ganz ordentliche Wellen dabei, die sogar die eine oder andere, wenn auch winzige, Tube haben entstehen lassen. Von Teneriffa war wie die letzten Tage immer noch nichts zusehen.
Die Fährüberfahrt war recht holprig, auf dem 80minütigen Weg über das Meer schienen heute viele Schlaglöcher zu liegen. Wir richteten dann doch besser unseren Blick nicht mehr in Buch oder Notebook, sondern auf den Horizont – fast immer war dieser auch zu sehen. So schön und schnell wie ein Katamaran, oder wie im heutigen Fall sogar ein Trimaran, bei ruhiger See auch ist, bei Seegang ist ein richtiges Schiff doch um einiges ruhiger. Da ich aber meine Neigung zu seebedingtem Würfelhusten schon vor vielen Jahren durch fortwährende Ignoranz therapiert habe, ist das alles nicht mehr so dramatisch. Auch Eva hatte keine Probleme mit dem Wellengang, obwohl sie so langsam Unbehagen bei Horizontverlust zu bekommen scheint. Urplötzlich tauchte dann hinter dem Nebel auch Teneriffa auf, es war also tatsächlich noch da. Vor oder im Hafen von Santa Cruz zählten wir nicht weniger als 7 Kreuzfahrtschiffe – in Worten: Sieben! Der Vesselfinder informierte uns über Größe, Passagieranzahl und Rederei jedes einzelnen: In Summe könnten das über 15.000 Passagiere gewesen sein, die geringere Auslastung durch Covid-19-Beschränkungen schon mit eingerechnet!
Im Hafen angekommen hatten wir dann etwa 2 Stunden Zeit die Insel zu queren und in Los Christianos die nächste Fähre zu besteigen. Zwischendurch bekam unser Wagen Flüssignahrung und wir etwas festeres zu Essen – wieder am Strand von Los Christianos und entgegen unserer Prinzipien niemals aus einer laminierten Speisekarte zu bestellen. An ein paar gegrillten Sardinien kann man eigentlich nichts falsch machen.
An der Fähre angekommen merkten wir recht schnell, dass es wohl doch recht ungewöhnlich ist, unser nächstes Ziel mit dem Mietwagen anzusteuern. Der Cashier prüfte sehr misstrauisch unsere Pässe und damit unsere Buchung, vergewisserte sich auch, dass das Kfz-Kennzeichen richtig auf den Tickets registriert war und ließ uns schließlich doch zwischen ein paar Lastwagen auf die Fähre.
Zweieinhalb Stunden verbrachten wir in Eiseskälte im viel zu sehr klimatisierten Fahrgastraum auf dem Katamaran, der uns vorbei an La Gomera ans Ende der Welt brachte. Irgendwann auf der Fahrt verlor die Sonne vor uns für heute die Lust und plumpste ins Wasser, zurück blieb nur ein dunkler Felsen im Meer – unser Ziel.
In völliger Dunkelheit erreichten wir El Hierro, die westlichste, südlichste und kleinste der Kanareninseln (La Graciosa vor Lanzarote ignoriere ich hier mal). Die Insel war zu Columbus‘ Zeiten der letzte Hafen vor den Weiten des Atlantiks und in der Antike für Griechen, Römer und Phönizier – bestimmt habe ich noch das ein oder andere bedeutende antike Seefahrervolk vergessen – das Ende der Welt. Und genau deshalb legte der Mathematiker Claudius Ptolemäus den Nullmeridian hierhin. Erst am 13. Oktober 1884 änderte sich das, als der durch Greenwich laufende Meridian zur neuen Basis des internationalen Koordinatensystems gemacht wurde.
An diesem Ende der Welt fanden wir in der Dunkelheit nach etwa einer halben Stunde unser Ziel für die nächsten zwei Tage – Straßen gibt es auch hier. In Vorbereitung dieser Reise zeigte Eva mir ein kleines Hotel auf einer Felsbrücke im Meer und ich erinnerte mich, über dieses Hotel vor vielleicht 15 oder 20 Jahren mal in einer National Geographic gelesen und es damals auf meine/unsere Bucket List gesetzt zu haben. Dort hatte ich es aber vergessen und Eva hat es jetzt wiederentdeckt – dazu aber mehr, wenn es wieder hell ist…