[dropcap]W[/dropcap]enn einer eine Reise tut, dann will er eigentlich nicht die Haupterzählung schon am Flughafen beginnen. Anders ist das natürlich, wenn man seine Reise am kürzlich (nach gar nicht soo langer Bauzeit fertig gewordenen) neu eröffneten Flughafen „Willy Brandt“ beginnt. Am Wochenende vor unserem Reiseantritt wurde dieser nämlich dem ersten Stresstest unterzogen und hat diesen nicht bestanden. Reisende erreichten ihre Flieger nicht und konnten ihren Urlaub nicht antreten. Daraufhin hat man zukünftige Mutige aufgefordert, statt der üblichen 2 schon 4 Stunden vorher da zu sein. Durch Corona würde nun alles so lange dauern und und und…
Brav, wie wir sind (oder wie ich bin), haben wir uns der Aufforderung natürlich gefügt und uns gedacht, im Notfall könne man nach Check-in und Sicherheitskontrolle auch im Innenbereich des Flughafens noch etwas Zeit bei gutem Essen und etwas Lesen verbringen.
Weit gefehlt! Einmal den Check-in-Schalter gefunden, mussten wir und alle anderen braven Bürger, die der Aufforderung gefolgt waren, feststellen, dass man am Hauptstadtflughafen dann wohl kurzfristig beschlossen hatte, 40 Personen zusätzlich einzustellen und damit die Check-in-Schalter nicht 4 Stunden, nicht 3 Stunden, nicht 2 Stunden, nein – frühestens 1,5 Stunden vor Abflug zu öffnen und damit nicht genug, man setzte das weltweit kompetenteste Personal an den Check-in für das normale Volk (zu dem wir ja hinzu auch zählen ;-), damit sich alles nur ja schön verzögert. Nach über zwei Stunden rumstehen und dem Beobachten, wie Mitreisende leicht aggressiv wurden, weil die Dame am Schalter nicht in der Lage war, das Gepäckband auszudrucken, mussten auch wir unseren schon durchgeführten Online-Check-in am Schalter wiederholen und hurra!, nach über drei Stunden waren wir unser Gepäck los und hatten den Boarding Pass in der Hand. Die Sicherheitskontrolle stellte sich dann als gar nicht so schwierig heraus, nur sollte man als Passagier nur ja darauf achten, wirklich alle benutzten Plasteschüsseln für Gepäck, Kleidung etc. selbstständig wieder aufs Laufband zu befördern. Der Anschiss lauert hinter jeder Ecke 😉
Zumindest jetzt wollten wir den zweiten Teil unserer Vorstellung (essen im Wartebereich) umsetzen und kauften uns mutig im Food-Court eine Bio-Currywurst, die wir so eigentlich auch schön aus Schönefeld kannten. Allerdings muss mit dem Wurststand irgendeine furchtbare Wandlung passiert sein, das langsamste Personal der Welt arbeitete allem Anschein nach doch nicht am Check-in, sondern am Currywurststand. Die Frechheit kam dann allerdings beim Bezahlen: Scheinbar müssen die Essenstände am Berliner Flughafen die Mehrkosten des Baus gleich im ersten Betriebsjahr einspielen, anders ist der Preis von knapp 30 € für 2 Currywürste, Pommes und 1 Getränk nicht zu erklären. Da haben wir wieder was gelernt.
Aufgrund des andauernden, sich nicht beschleunigenden Eincheckens hatte unser Flugzeug am Ende gut 1 Stunde Verspätung beim Abheben. Was waren wir froh, als wir in der Luft waren. Der Flug war dann allerdings sehr ruhig. Wir waren sehr glücklich, dass wir Sitze am Notausgang hatten, denn selbst da war nicht viel Platz, aber für reichlich 3 Stunden hielten wir es aus.
In Lissabon angekommen konnten wir relativ schnell unser Auto in Empfang nehmen. Ich hatte mich so gefreut, einmal in meinem Leben einen Fiat 500 zu fahren, bekommen haben wir einen Mitsubishi Space Star. Damit setzte sich der Tag irgendwie fort. Naja, für 2 Tage sollte es gehen.
Unser Tagesziel führte uns nach Nazaré, ein Surferstädtchen an der Westküste Portugals. Nachdem wir tagelang das Wetter beobachtet hatten und es eigentlich immer schön war, waren wir nun also am einzigen Tag der Woche in Nazaré, an dem es leicht regnete und es auch quasi keine Wellen gab. Zum Sonnenuntergang sind wir dank der Flugverspätung ca. 5 Minuten zu spät gekommen, ein passender Abschluss für diesen Tag. Das Bild ist daher auch nicht selbst fotografiert, sondern den Wikimedia Commons entnommen um zu zeigen, was wir eigentlich erwartet hatten.
Einen Wunsch konnten wir uns an diesem Abend aber doch noch erfüllen. Wir hatten aus unserem Hotel eine Empfehlung für ein Fischrestaurant bekommen und dort gab es für uns beide einen großen gegrillten Wolfsbarsch und Hauswein. Am Ende des Abends gab es auch noch viel Likör und gute Laune. Im Hotel gab es zum Verkosten für jedermann Portwein, den wir auf der Terrasse, die zu unserem Zimmer gehörte, tranken. Also doch noch irgendwie ein gutes Ende für einen merkwürdigen Start.