Der eisblaue Wasserfall

[dropcap]A[/dropcap]uf unseren Reisen durch Island hatten wir unzählige Male auf dem Laugarvatnsvegur die Brúará überquert. Und immer dachte ich daran, den versteckten Brúarfoss mit seinem fotogenen eisblauen Wasser zu besuchen. Aber nie war das Licht so, wie ich es wünschte, oder aber das Wetter war so schlecht, dass wir keine Lust auf die Wanderungen hatten.
Vor ein paar Jahren haben die wenigen Besucher noch vergeblich versucht, den Wasserfall zu finden und sich sogar verlaufen. Andere haben sich schon auf der Anfahrt im Labyrinth der kleinen Schotterstraßen einer Siedlung verfahren und sind nicht einmal am inoffiziellen „Parkplatz“ angekommen. Dies gehört seit geraumer Zeit der Vergangenheit an. Die alte Zufahrt in die Ferienhaussiedlung Tjaldsvæði STÍS ist für Touristen gesperrt worden. Die Eigentümer der Ferienhäuser waren es einfach leid, ständig und überall von Mietwagen zugeparkt zu werden. Waren es am Anfang nur wenige Fahrzeuge, sind die Besucherzahlen inzwischen auf vierstellige Werte an einem Wochenende geklettert.
Inzwischen wurde ein Parkplatz an der Straße #37 angelegt. Ab diesem muss man nun eine knapp 4km kurze Wanderung (oneway) bis zum Wasserfall absolvieren.
Jetzt im Winter war es ziemlich vereist entlang des Flusses und damit eine ziemliche Schlitterpartie. Dafür gab es kein Schlamm, von welchem man immer wieder im Sommer liest. Das Wetter war perfekt: blauer Himmel, strahlender Sonnenschein, knapp unter Null Grad – entsprechend leuchtete das Wasser der Brúará.
Vielleicht sollten wir uns nie wieder vornehmen diesen Wasserfall zu besuchen, denn besser können die Bedingungen wohl nicht mehr werden.

Und wie immer in Island gibt es auch hier eine Legende: In der Nähe des Brúarfoss, rund 3 km nördlich, soll es einen natürlichen Steinbogen über den Fluss gegeben haben, der ihm den Namen gab. 1602 wurde nach einer Sage auf Befehl des Gutsverwalters von Skálholt der Bogen zerstört, um für Bettler den Weg zu dem Ort abzuschneiden. Wenig später soll der Gutsverwalter dann selbst in der Brúará ertrunken sein.

(Jens Willhardt, Christine Sadler: Island. 3. aktualisierte und überarbeitete Auflage. Michael Müller, Erlangen 2003, ISBN 3-89953-115-9, S. 287f.)

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